Sollten wir 10.000 Schritte pro Tag gehen?
Die meisten von uns haben gehört, dass wir 10.000 Schritte pro Tag machen sollten, um gesund und fit zu bleiben. Aber stimmt dem auch die Forschung zu?
Viele Menschen verfolgen heutzutage ihre Schritte mit Smartwatches, Schrittzählern oder Apps und sind begeistert, wenn sie das wichtige Tagesziel von 10.000 Schritten erreichen.
Natürlich sind die Schrittzähler nicht unumstritten, sind sie doch nicht optimal, wenn es darum geht, die tatsächliche Bewegung zu messen: egal, ob sie sprinten oder gemütlich dahinschlendern, das Ergebnis ist beim Schrittzähler gleich. In der Wirklichkeit sieht das natürlich anders aus. Dreißig Minuten gemütliches Schlendern sind kein Problem, beim vollem Sprint sind die meisten schon nach dreißig Sekunden vollkommen außer Atem. Dennoch bieten Schrittzähler einen guten Anhaltspunkt dafür, wie aktiv man während des Tages war.
Warum sind es genau 10.000 Schritte?
Die meisten Tracking-Geräte sind auf ein Standardziel, nämlich 10.000 Schritte, eingestellt – die berühmte Zahl, von der wir alle wissen, dass wir sie erreichen sollten. Man könnte annehmen, dass diese Zahl nach jahrelanger Forschung entstanden ist, weil das langfristig am besten für die Gesundheit wäre. In Wirklichkeit gibt es keine derartig umfangreiche Forschung.
Die magische Zahl 10.000 geht auf eine Marketingkampagne zurück, die in den 60er-Jahren in Tokio kurz vor den Olympischen Spielen gemacht wurde. Eine Firma begann mit dem Verkauf eines Schrittzählers namens Manpo-kei: „Man“ steht für 10.000, „po“ für Schritte und „kei“ für Meter. Der Erfolg war riesig und die Zahl hat sich seitdem im kollektiven Weltgedächtnis festgesetzt.
Natürlich gab es auch Studien dazu und die Ergebnisse sind zunächst einmal nicht extrem überraschend: Geht man täglich 10.000 Schritte, so ist der gesundheitliche Nutzen höher, als wenn es nur 5.000 Schritte sind. Bis vor kurzem gab es jedoch keine Daten zu allen Zahlen dazwischen. Sogar heute gibt es fast keine Studien an der allgemeinen erwachsenen Bevölkerung.
Trotzdem gibt es eine interessante Harvard-Studie, bei der die täglich zurückgelegten Schritte von 16.000 Frauen, die älter als 70 Jahre alt waren, gemessen wurden. Dabei wurden die täglich zurückgelegten Schritte mit der Gesamtmortalität verglichen. Nach einigen Jahren waren 504 dieser 16.000 Frauen gestorben. Was glauben Sie, wie viele Schritte die Überlebenden gemacht hatten? Waren es die magischen 10.000 Schritte pro Tag?
Tatsächlich lag die durchschnittliche Zahl bei 5.500 – und die Sterblichkeit hing mit der Anzahl der Schritte zusammen, wobei sich von der Wirksamkeit her eine schrittweise Steigerung zeigte. Frauen, die mehr als 4.000 Schritte pro Tag machten, hatten eine signifikant höhere Wahrscheinlichkeit, noch am Leben zu sein, als diejenigen, die nur 2.700 Schritte machten. Es ist überraschend, dass ein so kleiner Unterschied Konsequenzen für etwas so Entscheidendes wie die Langlebigkeit haben kann.
Je mehr, desto besser?
Nach dieser Logik könnte man annehmen, je mehr Schritte sie machten, desto besser. Das stimmt aber nur bedingt, denn ab etwa 7.500 Schritten pro Tag stagnierte der Nutzen und es gab ab dieser Schrittanzahl keinen Unterschied mehr in der Lebenserwartung.
Leider ist das eine der wenigen Studien, die es zu diesem Thema gibt, weshalb die Ergebnisse natürlich mit Vorsicht betrachtet werden sollten. Es kann sein, dass gar kein Zusammenhang zwischen Schrittanzahl und Sterblichkeit besteht. Eine Studie alleine reicht nicht aus, um das mit Sicherheit zu sagen, weil es einfach zu viele Faktoren gibt, die die Ergebnisse beeinflussen können.
Eine Frage des Kopfes
Die Frage nach der optimalen Schrittzahl in psychologischer Hinsicht ist natürlich auch spannend. Das 10.000-Schritte-Ziel erscheint sehr hoch, vor allem, weil es täglich zu erreichen ist. Dadurch könnten sich viele entmutigt fühlen, was Sie dazu verleiten könnte, sich nicht zu bemühen. Wenn man das Ziel dann auch noch Tag für Tag nicht erreicht, verliert man eher früher als später die Lust, es überhaupt zu versuchen.
Um die Schrittzahl allgemein zu erhöhen, ist ein niedrigeres Ziel also psychologisch besser. Aber selbst dann kann einem die Lust am Gehen buchstäblich vergehen. Studien haben ergeben, dass Menschen, die ihre Schritte zählen sich zwar mehr bewegen, aber weniger Freude daran haben.
Das Zählen von Schritten kann auch noch in anderer Hinsicht kontraproduktiv sein – es signalisiert nämlich, dass man aufhören kann, sobald die angepeilte Zahl an Schritten erreicht ist. Die Arbeit ist schließlich erledigt für diesen Tag. Man macht dann sozusagen nur mehr das Minimum, anstatt noch ein bisschen mehr zu laufen und so noch fitter zu werden. Es ist ja schließlich Arbeit und kein Vergnügen.
Fazit
Zählen Sie Ihre Schritte, wenn Sie sich dadurch regelmäßiger aufraffen können, sich zu bewegen. Bedenken Sie jedoch, dass 10.000 Schritte ein Marketingschmäh sind, der sich ins kollektive Gedächtnis eingebrannt hat. Setzen Sie Ihre Ziele stattdessen lieber so, dass sie für Sie richtig sind. Das kann mehr sein oder auch viel weniger.
Es kommt weniger darauf an, wie viel Schritte sie heute oder morgen machen, sondern wie regelmäßig sie sich bewegen.
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Hinweis
Dieser Artikel dient nur der allgemeinen Information und sollten nicht als Ersatz für den medizinischen Rat eines Arztes oder anderer Gesundheitsexperten betrachtet werden. Konsultieren Sie immer Ihren Hausarzt, wenn Sie sich in irgendeiner Weise Sorgen um Ihre Gesundheit machen.
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